Gedicht

Der Bär und das Eichhorn

 

Ein Bär, das stärkste Tier im Wald,
trat einmal aus Versehen
dem armen Eichhorn Willibald
im Walde auf die Zehen.

Er sagte nicht: "Pardon, mein Herr!"
Er tappte in Gedanken
als Bär verquer im Wald daher.
(Ein Bär kennt keine Schranken.)

Da rief das Eichhorn Willibald:
"He, Dicker, bleib mal stehen!
Man tritt nicht einfach hier im Wald
wem anders auf die Zehen!"

Der Bär verhielt auf weichem Moos
verwundert seine Schritte
und fragte, ganz gedankenlos,
das kleine Tier: "Wie bitte?"

Das Eichhorn, das im Humpelschritt
zum Bären kam geschritten,
sprach: "Wer wem auf die Zehen tritt,
muss um Verzeihung bitten!

Wenn du auch stärker bist als ich
an Körperkraft und Krallen:
Dergleichen find ich widerlich!
Ich lass mir`s nicht gefallen!"

Die Pfötchen voller Wut geballt
(Doch kleiner als ein Hase),
so trat das Eichhorn Willibald
dem Bären vor die Nase.

Der Bär, mit bärigem Gebrumm,
verblüfft und auch betreten,
hat in der Tat das Eichhorn um
Entschuldigung gebeten.

Da sprach das Eichhorn Willibald:
"Schon gut! Schon gut! Doch künftig,
gehst du mal wieder durch den Wald,
sei achtsam und vernünftig!"

"Gut", sprach der Bär, "ich merk es mir".
(Was Willibald sehr gut tat.)
So kann man auch ein großes Tier
belehren, wenn man Mut hat.

 

James Krüss